
Erst mal einen herrlichen Dienstag für euch alle. Heute möchte ich euch erzählen, wie ich mit den Manuskripten umgehe, die mir übersendet werden.
Noch ist der Verlag taufrisch und es gibt die ersten Publikationen erst zum April. Zur Buchmesse starten wir dann tatsächlich durch. Aktuell habe ich acht Autoren unter Vertrag. Ein weiterer Vertrag wird von mir am Wochenende übersendet.
Eigentlich wollte ich in diesem Jahr keinen Vertrag mehr abschließen, sondern erst bis zum nächsten Jahr warten. Die Autorin hat sich intensiv mit dem Verlag auseinandergesetzt und sich bei einer Autorin erkundigt, die bei mir unter Vertrag ist. Ich selbst habe die Autorin über die sozialen Kanäle beobachtet und mir gewünscht, dass wir über kurz oder lang zusammenarbeiten. Und dann hat sie sich bei mir gemeldet. Ich glaube ja nicht an den Zufall, das sollte einfach so sein.
Neben den Manuskripten ist für mich die menschliche Komponente so wertvoll und bedeutungsvoll. Wir arbeiten bei mir sehr intensiv zusammen. Da fliegen auch schon mal die Fetzen. Das muss man aushalten können. Wir kommen uns im Prozess der Buchpublikation alle nah, das ist ein emotionaler Vorgang für jeden von uns.
Oft sitze ich lange am PC und mache mir Gedanken darüber, wie ich die Schriftsteller mit ihren Werken optimal platzieren kann. Dann gibt es zwischendurch auch Krisen und Schreibblockaden sowie andere Hemmnisse. Das ist einem am Anfang natürlich alles nicht klar, aber es ist ein wertvoller Prozess, den wir hier alle durchleben.
Wir haben eine gemeinsame Autorengruppe in einem sozialen Netzwerk. Dort tauschen wir uns mehrmals pro Woche aus. Einige Autoren schreiben täglich etwas, andere nur wenig und trotzdem liest jeder mit und interessiert sich für die Gruppe.
Einige der Autoren arbeiten noch mit anderen Verlagen zusammen. Diese Mischung macht es, weil wir alle voneinander lernen. Qorin und Astrid waren in Leipzig auf der Buchmesse genauso wie eine unserer Lektorinnen. Die Bilder haben mir total Lust auf die Messe im Oktober gemacht. So einen Kick braucht man zwischendurch.
Man muss sich immer wieder für und mit anderen Menschen freuen können, nicht nur als Verlegerin, aber hier im Besonderen. Ich muss mich darauf konzentrieren, dass ich jedem die gleiche Beachtung schenke, dass ich erkenne, wenn es jemandem nicht gut geht. Dafür brauche ich feine Antennen, da Künstler sensibel und empfindsam sind. Da kann ein flapsiger Spruch von mir schon mal zu Emotionen und Wutausbrüchen führen. Aber ich gelobe Besserung. Umgekehrt ist es übrigens nicht anders. Ich selbst bin auch in bestimmten Momenten ein Pienschen.
Ich bekomme mehrmals pro Woche, Manuskripte von Menschen angeboten, die etwas geschrieben haben. Darüber freue ich mich immer dann, wenn sich jemand wirklich Mühe gemacht hat. Die Sichtung dauert einfach, daran kann ich gar nichts ändern, denn sonst würde ich ungenau arbeiten und mit der Zeit würde das dem Verlag schaden, also warte ich immer, bis ich selbst frei bin in meinen Gedanken, um unvoreingenommen an ein Manuskript ranzugehen.
Es gibt hier aber auch Ausreißer nach unten. Das sind Manuskripte, wo ich nur die Verlinkung auf eine Facebook-Seite bekomme, keine direkte Ansprache, das wird einfach so dahingeklatscht.
Oder man schreibt mir:« ich habe Ihr Weblog gelesen. Sie scheinen eine kluge Verlegerin zu sein, bitte nehmen Sie mich unter Vertrag.«
Wenn ich dann nicht schnell genug reagiere droht man mir negative Rezensionen an. Oder man terrorisiert mich am Telefon und ruft ständig an oder schickt mehrmals wöchentlich eine Mail. All dies führt definitiv nicht zu einem Vertrag mit meinem Verlag.
Einige scheinen zu vergessen, dass ich es mir selbst aussuchen kann, mit wem ich zusammenarbeiten möchte und mit wem auf gar keinen Fall. Umgekehrt ist es natürlich genauso.
Wenn ich mich früher in meiner Angestelltenzeit für einen Job beworben habe, dann musste ich mich auch gedulden. Mal hat es geklappt und dann auch wieder nicht. Das ist der normale Verlauf. Wenn man die Stärke nicht hat, dies auszuhalten, dann wird man auch bei anderen Problemstellungen Schwierigkeiten bekommen. Das ist das Fazit, was ich daraus ziehe.
Probleme sind in Ordnung, aber nur welche zu haben ist auf Dauer sehr kontraproduktiv. In erster Linie soll es doch Freude bereiten, anderen Menschen etwas mit seinen Büchern zu vermitteln, oder sie aus dem Alltag zu entführen. Das geht bei so einer Art der Ansprache unter.
Dann kommen auch Mails wie: »Sie sind ja nur ein Kleinverlag!«
Ja und? Hey, was ist denn eigentlich ein Kleinverlag? Wenn wir von der Anzahl der aktuellen Publikationen ausgehen, dann bin ich gar kein Verlag, sondern gegenwärtig erstmal eine Wegbereiterin und dann ab Oktober ein Kleinverlag, weil wir zehn Werke auf dem Markt haben?
Ich mag das Wort Kleinverlag nicht. Was ist denn klein? Das wirkt so abwertend auf mich. Ich selbst – und darauf kommt es an, nehme mich als Produzentin von engagierten Menschen wahr. Wenn ich in meiner Verlagskarriere hundert tolle Schriftsteller finde, die zu mir passen, bin ich dann ein mittelständischer Verlag? Ihr seht schon, bisweilen bringen Definitionen überhaupt nichts. Ich will mich auch nicht definieren lassen, das hatte ich genug im Studium.
Was ich möchte, ist mit euch allen gemeinsam etwas Neues entdecken, fördern und bewahren.
Ein Stück Menschlichkeit und Nähe in dieser oft tristen und grauen Welt. Als Instrument dient uns der Verlag. Er ist nicht nur die Geburtsstätte von Büchern, sondern auch das Ergebnis der gegenseitigen Weiterentwicklung von Menschen, was kann es denn bitte Schöneres geben?
Man sensibilisiert sich beidseitig, vertieft den Respekt und das Vertrauen ineinander. Ich lerne aktuell, dass Künstler das Sensibelste sind, was ich bisher kennengelernt habe.
Kleiner Exkurs:
Durch die lieben Klinikdirektoren und Ärzte aus meiner Agentur Medical Placement ist mir das überhaupt alles erst umsetzbar geworden. Ich weiß, dass viele hier mitlesen, und möchte euch einfach mal Danke sagen. Die Agentur werde ich definitiv behalten und weiterführen. Ihr tragt also mit dazu bei, dass andere Menschen sich entfalten können. Ihr habt mich in den letzten Jahren stark geprägt und dafür gesorgt, dass ich neben all der Härte auch mal weiche Anteile in mir zulassen kann. Das hat mir umfassend geholfen. Merci!
In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine wunderbare und sonnige Woche. Hier spähen die Lichtstrahlen gerade durch mein Fenster und ich fühle mich geküsst.
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